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Wundheilungsstörung – Was tun bei schlecht heilenden Wunden?

Stand 16. Juli 2024

 

Immer wieder kommt es vor, dass gerade ältere Menschen an einer Wundheilungsstörung leiden. Offene Wunden heilen nur langsam und andere heilen überhaupt nicht ab. Sowohl die verzögerte als auch die atypische Heilung werden unter dem Gesamtbegriff der Wundheilungsstörung zusammengefasst. Man kann davon ausgehen, dass weltweit ca. 1 bis 2 Prozent aller Menschen an gestörten Wundheilungen leiden. Sowohl Prophylaxe als auch eine gezielte Behandlung können Abhilfe schaffen.

Wo kommen Wundheilstörungen vor

Zwischen drei und zehn Prozent aller Wunden heilen für einen längeren Zeitraum nicht ab. Knapp ein Prozent der Weltbevölkerung hat mindestens eine chronische Wunde. In Deutschland sind es bis zu drei Millionen Menschen, die an einer Wundheilungsstörung leiden. Damit zählt sie zu den häufigsten Komplikationen nach einem operativen Eingriff.

Es gibt auch eine Altersspezifikation. Demnach haben Menschen, die älter als 60 Jahre sind, dreimal so oft eine Wundheilstörung als noch jüngere Personen. Vor allem bettlägerige Menschen sind von diesem Krankheitsbild betroffen, in diesem Zusammenhang wird oft vom sogenannten Dekubitalulkus gesprochen, darunter versteht man schlecht heilende Geschwüre infolge von Wundliegen.

Was ist eine Wundheilungsstörung

Grundsätzlich haben Menschen, die unter schlecht heilenden Wunden leiden, oft ein jahrelanges Problem mit diesen Symptomen. Viele Betroffene haben oft mehrere Jahre hindurch ein Problem mit Wunden, die dauerhaft geöffnet bleiben oder wiederholt aufgehen. Auch wenn es bei der Wundheilung immer weitere Fortschritte – sowohl im medizinischen als auch im verbandstechnischen Bereich – gibt, bleibt das Krankheitsbild meist langjähriger Begleiter.

Es gibt die unterschiedlichsten Formen von Wunden ebenso wie verschiedene Ursachen dafür. Die Palette reicht von oberflächlichen Schürf- und Schnittwunden bis hin zu Kratzwunden, aber auch tiefen Stich- und Hieb-, ja sogar Schusswunden. Nicht unerwähnt in diesem Zusammenhang dürfen ausgedehnte Operationswunden bleiben.

Jede Wunde geht mit einer Verletzung von Blutgefäßen einher, womit auch der normale Blutfluss gestört wird. Damit wird die körpereigene Blutgerinnung in Gang gesetzt, wobei in einem ersten Schritt der Körper das zerstörte Blutgefäß mit einem Blutgerinnsel verschließt. Dann beginnt der eigentliche Prozess der Wundheilung.

Phasen der Wundheilung

Eine Wundheilung erfolgt gemäß einem abgestimmten Systems im Körper und weist dabei unterschiedliche Phasen auf.

Die Ruhephase

Während der sogenannten Ruhephase, auch als Latenzphase bezeichnet, erfolgt kein Heilungsprozess. Erkenntnisse aus der Medizin zeigen, dass es dabei bei der betroffenen Stelle am Körper keinerlei makro- oder mikroskopische Veränderungen gibt. Diese Phase dauert sehr kurz und ist schwierig von der darauf folgenden Entzündungsphase abzugrenzen.

Die Entzündungsphase

Während der sogenannten Entzündungsphase, die auch als Exsudations- oder Inflammationsphase bezeichnet wird, kommt es direkt über der Wunde zur Bildung eines sogenannten Fibrinnetzes. Als Fibrin wird dabei das Eiweiß im Körper bezeichnet, das klebstoffähnliche Eigenschaften aufweist. Mit ihm werden die Wundränder verklebt und das Wundwasser, auch als Wundsekret bekannt, gebildet. Letztgenanntes ist eine von Entzündungszellen durchsetzte Flüssigkeit, die quasi die Wunde von Keimen und anderen Fremdkörpern reinigt. In dieser Phase verstärkt sich bereits die Zellteilung im unmittelbaren Wundgebiet. Die Fresszellen, auch als Makrophagen bezeichnet, sorgen für die Beseitigung zerstörter Zellen aus dem Gebiet um die Wunde sowie den anfangs entstandenen Blutpfropf. Bindegewebszellen beginnen in der Folge mit dem Aufbau des zerstörten Wundgebietes, das vorteilhafterweise dabei immer feucht gehalten wird. Die Entzündungsphase einer Wunde dauert durchschnittlich ein bis drei Tage.

Die Granulationsphase

Als nächstes folgt die Granulationsphase oder Proliferationsphase, bei der das Wundgebiet mit Füllbindegewebe gefüllt wird. Gleichzeitig kommt es zu einem Abbau des Fibrinnetzes und neue Blutgefäße im Windbereich sprießen ein. Diese Phase bei der Wundheilung dauert zwischen vier und zwölf Tage nach Entstehung der Wunde, handelt es sich um sehr kleine Verletzungen bzw. Wunden, kann diese Phase auch nur wenige Stunden in Anspruch nehmen.

Etwa nach 10 Tagen beginnen sich Kollagenfasern auszubilden, wobei bekanntermaßen Kollagen ja ein wichtiger Bestandteil des Bindegewebes ist. Zu beachten ist, dass sich neues Gewebe nur dann bilden kann, wenn im Umfeld der Wunde optimale Bedingungen vorherrschen.

Die Regenerationsphase

Als letzte Phase bei der Wundheilung ist die Narbenbildung zu erwähnen, die auch als Regenerationsphase bezeichnet wird. Dabei schließt sich die Wunde, wobei der Verschluss selbst aus einem Deckgewebe der Oberhaut und neuem Gewebe direkt aus der Wunde besteht. Weil es hier viele Kollagenfasern gibt, ist das Narbengewebe weniger elastisch und damit eigentlich minderwertiger als eine gesunde Haut. Aus diesem Grund wird speziell bei Operationen auch immer darauf geachtet, dass es zu möglichst geringfügigen Gewebeverletzungen kommt.

Üblicherweise beginnt die Regenerationsphase bei der Wundbildung am 13. Tag nach der Entstehung der Wunde. Sie kann durchaus mehrere Wochen dauern.

Verband bei Wundheilstörung

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Symptome bei einer Wundheilungsstörung

Wie bereits beschrieben, handelt es sich bei einer Wundheilungsstörung um einen Wund-Defekt, der sich unterschiedlich ausdrücken kann. Meist ist er allerdings mit starken Schmerzen und Blutungen verbunden. Neben den eigentlichen Symptomen bei schlecht heilenden Wunden kommen noch andere dazu, wie etwa Gefäß- oder Nerven- oder auch Knochenschäden. Störungen in der Blut- und Lymphzirkulation erschweren den Heilungsprozess zusätzlich und können weitere Symptome wie etwa Lymphödeme auslösen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass bei schlecht heilenden Wunden, diese meist gerötet, überwärmt und auch übelriechend sind. Es ist ein starker Wundausfluss festzustellen, der oft in Verbindung mit Druckschmerzen auftritt. In der Umgebung der Wunde liegende Lymphknoten sind oft – als Zeichen der Immunreaktion des Körpers – geschwollen und schmerzen. Tritt dann auch noch Fieber auf, kann dies der Hinweis auf eine Blutvergiftung, also eine Sepsis, sein.

Ursachen für schlechte Wundheilung

Es kommt immer dann zu einer schlechten Wundheilung, wenn unterschiedliche Einflussfaktoren den Prozess der Wiederherstellung beeinträchtigen. Dazu kommen verschiedene Ursachen infrage, wie beispielsweise

  • Eine einseitige oder nicht ausreichende Nahrungszufuhr, die dazu führt, dass für stoffwechselintensive Prozesse im Körper zu wenig an Eiweiß,
  • Kohlenhydraten oder Vitaminen und Spurenelementen vorhanden ist
  • Infektionen mit Bakterien und Pilzen oder Parasiten
  • Grunderkrankungen wie Blutarmut oder Blutgerinnungsstörungen
  • Chronische Erkrankungen wie Diabetes, aber auch Suchtverhalten wie zu viel Nikotin haben eine mangelnde Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff zur Folge.
  • Gefäßveränderungen wie die PAV, die periphere arterielle Verschlusskrankheit oder Ödeme wegen Wassereinlagerungen im Lymphsystem
  • Ein geschwächtes Immunsystem
  • Spezielle Medikamente, beispielsweise blutgerinnungshemmende Medikamente oder Wirkstoffe, die eine Immunabwehr des Körpers unterdrücken

Es kann aber auch vorkommen, dass eine Wunde schlecht heilt, weil es direkt am Ort der Verletzung zu Störungen kommt. Das ist dann der Fall, wenn diese verunreinigt ist. Besteht in Zusammenhang mit einer Verletzung die Notwendigkeit einer Ruhigstellung der betroffenen Region, kann es bei Nichtgelingen dieser Maßnahme zu einer schlechten Wundheilung kommen. Auch Spannungen im Bereich der Wundränder oder Komplikationen beim Zusammenfügen der Wundränder können zu einer Wundheilungsstörung führen.

Tabletten bei Wundheilstörung

Diagnose und Untersuchungen einer Wundheilungsstörung

Ärzte, die bei  einer Wundheilungsstörung aufgesucht werden sollten, sind meist Hautärzte, die für oberflächliche Wunden zuständig sind. Bei inneren Wunden sollten Betroffene einen Chirurgen aufsuchen.

In einem ersten Schritt wird der behandelnde Arzt einige Fragen stellen, unter anderem seit wann die Wunde besteht, wie sie entstanden ist, ob der Betroffene an Schmerzen oder Fieber leidet und ob Vorerkrankungen bestehen.

Mittels einer zeitlichen Abgrenzung wird in einem ersten Schritt die Wunde als akut oder chronisch klassifiziert. Die Feststellung ob Fieber vorliegt, soll eine eventuelle Blutvergiftung ausschließen.
Bei der unmittelbaren Untersuchung der Wunde, gilt es festzustellen, ob die Durchblutung der betroffenen Stelle, die Motorik, aber auch die Sensibilität noch vorhanden ist. Es geht aber auch darum einzuschätzen, wie tief sich die Wunde ausdehnt und welche Strukturen unmittelbar davon betroffen sind. Ist bereits der Knochen betroffen, kann es in der Folge zu einer schwerwiegenden Knochenentzündung kommen.

Die Beurteilung des Wundzustandes, also die Frage, ob Eiter oder Rötungen bzw. sogar abgestorbenes Gewebe sichtbar ist, dient dazu, abzuklären, ob die Wunde keimfrei oder schon kontaminiert oder sogar septisch ist. In Bezug auf letzteren Punkt kann es auch zu einer Blutuntersuchung kommen, um eine Infektion anzuzeigen und die weißen bzw. roten Blutzellen und Blutplättchen zu beurteilen.

Auch die sogenannten bildgebenden Verfahren kommen im Rahmen der Diagnose zum Einsatz. Zunächst wird eine Ultraschalluntersuchung gemacht, in der Folge kann die Ausdehnung der Wunde auch mittels CT oder MRT und Röntgen eingeschätzt werden.

Eine Biopsie der Wunde wird bei Verdacht auf eine Wundinfektion gemacht und dient dazu, den genauen Erregertyp zu bestimmen und beispielsweise abzuklären, ob dieser gegen Antibiotika resistent ist.

Wundheilungsstörung: Behandlung

Die Therapie bei schlechter Wundheilung zielt darauf ab, einen problemlosen Heilungsprozess zu ermöglichen. Dabei spielt die Wundhygiene eine wesentliche Rolle, und zwar nicht nur bei der Wunde selbst, sondern auch in der unmittelbaren Umgebung und an den Wundrändern. Hier gilt es ein Gleichgewicht zu schaffen zwischen der Sauberhaltung der Wunden einerseits und dem Vermeiden von zu intensiver Reinigung und Desinfektion.

Zum Einsatz kommen oft Spülungen mit sterilem Wasser oder Wundbäder mit körperwarmen Leitungswasser. Zur Vermeidung unmittelbarer lokaler Reaktionen sollten aggressive Lösungen nicht verwendet werden. Auch der Einsatz von Jod sollte genau geprüft werden, immerhin kann er den sogenannten Zelltod auslösen.

Ein enorm wichtiger Bestandteil der Therapie gegen schlechte Wundheilung ist das sogenannte Debridement. Darunter versteht man eine Reinigung der betroffenen Region sowie eine chirurgische Abtragung von abgestorbenem Gewebe aus der Wunde. Vor allem bei starken Entzündungssymptomen, aber auch großen Belägen und viel abgestorbenem Gewebe ist diese Maßnahme von Vorteil. Die nicht verheilende Wunde wird nach dem Eingriff immer wieder intensiv gereinigt, wobei dazu meist steriles Salzwasser verwendet wird.

Eine Wundauflage sollte immer von einem erfahrenen Wundexperten ausgewählt werden. Wichtige Kriterien in diesem Zusammenhang sind dabei

  • Die Heilungsphase
  • Der Infektionsstatus
  • Das Vorhandensein abgestorbener Gewebemasse

Wundauflagen müssen in jedem Fall einen Schutz der Wunde vor Austrocknung bieten, gleichzeitig einen feuchten Wundgrund gewährleisten und keine Fasern abgeben. Wichtig ist zudem, dass die Versorgung der Wunde mit Sauerstoff gewährleistet bleibt.

Verband einer Wunde

Verbände, die bei einer Wundheilungsstörung zum Einsatz kommen

Es gibt drei Unterscheidungen bei Wundverbänden, nämlich die sogenannten

  • Passiven Wundverbände die einfach nur Schutz bieten
  • Verbände mit interaktiven Eigenschaften haben Einfluss auf die Wunde, dazu gehören beispielsweise hydrokolloidale Verbände oder eine Vakuumtherapie
  • Aktive Wundverbände, darunter versteht man kultivierte Epidermis-Zellen ebenso wie autologe Transplantation

Grundsätzlich bieten konventionelle Wundauflagen wie Mullverbandstoffe oder Vlies zwar eine hohe Saugkraft und Reißfestigkeit, gleichzeitig besteht aber das Risiko der Verklebung mit der neu gebildeten Hautschicht. Dagegen hilft ein Salbenverband.

Moderne Verbandmaterialien wie Hydrogele, aber auch Alginate und Schaumverbände sind perfekt geeignet, um ein günstiges und vor allem feuchtes Mikroklima zu erzeugen. Damit können sich Bindegewebe- und Hautzellen optimal vermehren können. Gleichzeitig wird ein Verkleben zwischen Verband und neuen Hautzellen vermieden.

Sogenannte Feuchtverbände müssen ein Gleichgewicht zwischen feuchtem Wundmilieu und der Aufnahme der Wundflüssigkeit gewährleisten. Sogenannte Silber-Aktiv-Kompressen, die bei schlechter Wundheilung häufig zum Einsatz kommen, bestechen mit ihrer Saugfähigkeit und wirken gut gegen Mikroorganismen, vor allem aber vermindern sie unangenehmen Wundgeruch.

Medikamentöse Behandlung von schlecht heilenden Wunden

Gerade bei größeren Wundinfektionen wird auch mittels Antibiotika behandelt. Wichtig ist dabei, dass im Vorfeld ein Wundabstrich genommen wird, um den genauen Erreger der Infektion zu erkennen. Durch die Verwendung von Antibiotika sollen Infektionen durch

  • Staphylokokken
  • Streptokokken
  • Pseudomonas
  • Escherichia coli

vorgebeugt werden.

Es folgt meist eine systemische Anwendung der Antibiotika, beispielsweise als Tablette. Die lokale Anwendung bei einer schlecht heilenden Wunde gilt in der Medizin als umstritten, weil Antibiotika das Wundgewebe nur schlecht erreichen und es oft zu einer Kontaktsensibilisierung kommt.

Da eine schlecht heilende Wunde meist mit erheblichen Schmerzen verbunden ist, kann auch eine Behandlung mit Opiaten eingesetzt werden. Im unmittelbaren Bereich der Wunde ist dies in Form einer Oberflächenanästhesie, also einer lokalen Betäubung, anzuwenden.

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