Die Europäische Kommission plant eine Reform für mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Dazu gehören auch Diskussionen um die Verschärfung der Fahrtauglichkeitsprüfung, bei der besonders ältere Menschen im Fokus stehen. Nun sind die Verhandlungen weitestgehend abgeschlossen. Viele Senioren befürchten nun, dass ihre Mobilität und damit ihre Unabhängigkeit vor großen Einschränkungen steht. Was aber steckt hinter den Plänen und wen betreffen sie tatsächlich?
Kurz & Knapp: Die EU-Pläne zur Fahrtauglichkeitsprüfung
Die Europäische Kommission schlägt vor, für Menschen über 70 Jahren ein verpflichtende medizinische Untersuchung vorzuschreiben, bei dem die Fahrtauglichkeit überprüft wird. Diese Prüfung soll alle 5 Jahre stattfinden und nur bei Bestehen soll der Führerschein seine Gültigkeit behalten. Das ist ein großer Unterschied bei deutschen PKW-Führerscheinen, die bislang unbegrenzt gültig waren. Diese Form der Fahrtauglichkeitsprüfung existiert für Führerscheine der Klassen C oder D auch derzeit schon in Deutschland. Besitzer dieser Lizenzen müssen sich ab Erteilung alle 5 Jahre einer ärztlichen Prüfung unterziehen, um die Gültigkeit zu behalten.
Die Kommission beruft sich in ihrer Begründung dabei auf eine Studie aus den Niederlanden, die besagt, dass nur 0,8% aller EU-Bürger über 70 nicht mehr fahrtauglich sind. 36% sind zudem mit Einschränkungen fahrtauglich, müssen also eine Brille tragen oder dürfen z. B. nicht im Dunkeln ein Auto führen. Sie führt aus, dass die Verschärfung der Gültigkeitsregeln daher nur für sehr wenige Personen einen Unterschied machen würde und somit keinen massiven Eingriff darstelle. Allerdings sollen die EU-Pläne einen präventiven Ansatz zur Sicherheit im Alltag verfolgen und dazu beitragen, Personenschaden zu minimieren, sowie einen altersgerechten öffentlichen Personennahverkehr zu fördern, damit Senioren im Alltag nicht auf das Auto angewiesen sind. Zusätzlich wird auch immer mehr auf Ermäßigungen für Senioren mit dem Rentenausweis oder der Bahncard 25 gesetzt, die zusätzliche Anreize für die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln schaffen sollen.
Wieso eine Fahrtauglichkeitsprüfung für Senioren wichtig ist
Autofahren im Alter kann zu einer echten Herausforderung werden. Obwohl immer wieder geäußert wird, dass im Alter die Fahrsicherheit abnimmt, lässt sich dies nicht voll umfassend mit Statistiken belegen. Laut Statistischem Bundesamt waren Verkehrsteilnehmer über 65 im Jahr 2022 nur für 15 % der Verkehrsunfälle mit Personenschaden verantwortlich – während ihr Anteil an der Bevölkerung bei 22 % liegt.
Alter allein ist daher kein Kriterium, jedoch trifft es zu, dass mit den Lebensjahren auch die Einschränkungen durch Krankheiten oder Medikamenteneinnahme zunehmen. Besonders Medikamente für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirken oft auf die Fahrtüchtigkeit, da sie z. B. die Reaktionsfähigkeit herabsetzen können.
Hinzu kommt, dass Veränderung ein schleichender Prozess ist und sich gegen teilweise jahrzehntelange Fahrerfahrung behaupten muss. Dadurch haben Senioren oft eine getrübte Sicht auf ihre eigene Fahrleistung und tun Fehler schnell als schlechte Tagesform ab – ohne zu merken, dass sich die schlechten Tage womöglich häufen. Erkrankungen wie Demenz, die die kognitive Leistung betreffen, können auch das Einsichtvermögen negativ beeinflussen.
Noch selbst Auto fahren zu können, ist für viele gleichbedeutend mit Selbstständigkeit im Alter. Doch heutzutage bieten der öffentliche Personennahverkehr und spezielle Fahrdienste weitaus mehr Angebote als früher und machen das eigene Auto teilweise sogar obsolet. Darüber hinaus orientiert sich die kommunalpolitische Stadtplanung zunehmend an einer Quartiersentwicklung der kurzen Wege, sodass ein Auto für den alltäglichen Bedarf kaum noch gebraucht wird. Eine Fahrtauglichkeitsprüfung kann daher für manche den entscheidenden Impuls setzen, sich für eine Mobilität mit Wahlmöglichkeiten zu entscheiden und das Auto aufzugeben.
Was bedeuten die geplanten Änderungen der EU für Senioren?
Das EU-Parlament hat kürzlich beschlossen, die Entscheidung in die Zuständigkeit der einzelnen Mitgliedstaaten zu legen und nicht auf europäischer Ebene einzugreifen. In Deutschland ist momentan nicht mit einer entsprechenden Regelung zu rechnen. Senioren ab 70 Jahren haben dementsprechend nicht zu befürchten, dass ihr Führerschein eingezogen wird.
Allerdings gibt es im deutschen Gesetz bereits einen Paragrafen, der die Fahrtauglichkeit im Straßenverkehrsgesetz regelt: "Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat.“ (§2 Abs. 4 StVG). Allerdings kommt dieser Paragraf in der Regel nur dann zum Tragen, wenn bei einem Unfall im Nachhinein die Schuldfrage zu klären ist.
Es gilt also: Nein, Senioren ab 70 Jahren müssen sich keinem Führerschein-Test unterziehen. Wichtig ist jedoch, dass Sie ihre Fahrtauglichkeit regelmäßig selbst kritisch bewerten. Ältere Menschen können zusätzlich freiwillige Fahrtrainings absolvieren, um ihre Fähigkeiten aufzufrischen und sicher unterwegs zu bleiben.
Weitere Artikel, die Ihnen gefallen könnten:
Tipps für werdende Großeltern
Das erste Enkelkind kommt zur Welt und alles ist (wieder) neu. Dabei gibt es einige Empfehlungen und Grenzen zu beachten. Wir haben die wichtigsten Dos and Don'ts für Oma und Opa im Überblick.