Mit einer Krankheit oder einer Behinderung leben, einen Verlust verarbeiten oder die Belastung als pflegende Angehörige teilen - der Grund für den Besuch einer Selbsthilfegruppe ist vielschichtig und so individuell wie die Menschen selbst. Es kann jedoch ebenso vielschichtig helfen, Erfahrungen zu teilen, sich Zuhörer finden, die das Problem nicht abtun, sondern selbst erlebt haben, oder wenn man sich in einer Gruppe Gleichgesinnter nicht mehr über die Situation definiert, in der sich alle Beteiligte befinden, sondern man wieder nur der Mensch dahinter sein kann.
Viele Senioren zögern aber, sich einer solchen Gruppe anzuschließen und sich fremden Personen zu öffnen und eigenen Schmerz oder auch Verletzbarkeiten zu offenbaren. Umso hilfreicher sind Angehörige, die sie ermuntern oder auch begleiten.
Wo finden Sie aber eine passende Selbsthilfegruppe? Und was können Sie sich davon erhoffen?
Es gibt zu beinahe jeder Lebenssituation Selbsthilfegruppen. Da es keine rechtlichen Bedingungen für die Gründung einer Selbsthilfegruppe gibt und oft ein Raum und einige Stühle reichen, um eine solche Gruppe zu realisieren, finden sich fast überall zu jedem Thema Menschen in Gruppen zusammen. Dabei ist die Dichte in urbanen Regionen natürlich höher als in ländlichen Gebieten und Gruppen, die eine große Betroffenenzahl ansprechen, finden sich häufiger als solche für sehr spezielle Lebenssituationen.
Nichtsdestotrotz sind gerade dank des Internets immer mehr Möglichkeiten vorhanden, sich zu finden und in den Austausch zu treten. Auch verliert sich zum Glück das Stigma, sich offen über eine Krankheit, Belastungen des Alltags oder den Druck der Pflege von Angehörigen zu äußern. Immer mehr Menschen finden Halt und Unterstützung in der Gemeinschaft, was sich zudem deutlich auf ihre Lebensqualität auswirkt.
Für diverse Erkrankungen von chronisch bis akut, selten oder eine Vielzahl von Menschen betreffend, gibt es Selbsthilfegruppen. Hier findet ein wertvoller Austausch über den Alltag mit der Krankheit statt, es werden Ratschläge erteilt, die kaum jemand sonst weiß. Für sehr viele ist es außerdem eine Erleichterung, innerhalb einer solchen Gruppe paradoxerweise eben nicht mehr über die Krankheit zu sprechen, sondern über alles andere. Gerade bei sehr erschütternden Diagnosen empfinden es viele Senioren als belastend, dass ihr soziales Umfeld sie vor allem damit verbindet und das Thema eine große Rolle spielt. In einer Gruppe voller Betroffenen haben Sie dann die Möglichkeit, über den Mensch zu sprechen, der Sie sind, da Sie weder Ihre Diagnose, noch Symptome oder Ähnliches erklären müssen.
Besonders bei seltenen Erkrankungen sind Selbsthilfegruppen oft sehr hilfreich, weil dort Informationen und Erfahrungen geteilt werden, zu denen es sonst nur wenig Zugang gibt. Denn wenn die Forschungslage dünn ist und selbst Fachärzte die Diagnose nur selten stellen, fehlen auch spezifische Alltagshinweise und Tipps zur Gesundheitsvorsorge.
Psychische Belastungen und Erkrankungen werden in der Gesellschaft noch immer stark stigmatisiert. Daher ist eine Gruppe essentiell wichtig, die einen geschützten Raum bildet, um über die Gefühle, Symptome und Auswirkungen einer solchen Situation sprechen zu können.
Menschen mit psychischer Erkrankung isolieren sich oft oder verlieren den sozialen Anschluss aufgrund ihrer Erkrankung. Durch Selbsthilfegruppen fangen Sie diese Einsamkeit ein Stück weit auf, was oft sehr wirkungsvoll für die Therapie ist.
Diverse Selbsthilfegruppen bieten auch Unterstützung für alle Arten von psychischer Belastung an. Denn auch älter werden kann die Seele belasten, wenn der Alltag nicht mehr so einfach zu bewältigen ist wie früher, wenn das Risiko für Krankheiten steigt oder sich Einschränkungen zeigen.
Im Alter ist der Verlust von Freundinnen, dem Partner oder der Partnerin und anderen Familienangehörigen oft ein unvermeidbares Thema. Dennoch trifft er Sie nicht weniger als in jungen Jahren.
Insbesondere der Verlust von nahestehenden Personen, die Ihr Leben lang und intensiv begleitet haben, wie Geschwister oder eine Partnerschaft, treffen Sie meist sehr hart. Trauergruppen werden oft von geschulten Kräften wie Pastoren, Psychiater oder Trauerbegleitern geleitet, die Ihnen behutsam und sensibel durch die Verarbeitung helfen.
Der Zuspruch von Personen, die Ihren Schmerz selbst nachfühlen können, hilft oft in dieser Zeit. Ebenso können auch Sie anderen helfen, indem Sie Anteil und Mitgefühl zeigen.
Nicht nur als pflegende Angehörige stehen Sie unter einem immensen Druck. Auch wenn Sie eine geliebte Person erkranken sehen, körperlich oder psychisch, nimmt Sie das unter Umständen sehr mit. Anhaltende, sich manifestierende Krankheiten wie Demenz verursachen bei Angehörigen einen starken emotionalen Stress, da sie im Grunde hilflos zusehen müssen und nur Symptome lindern können, selbst wenn deutliches Leid zu spüren ist.
Viele Angehörige verdrängen ihre Gefühle und ihre Bedürfnisse jedoch, um der erkrankten Person keinen zusätzlichen Kummer zu bereiten und ihr nicht das Gefühl zu geben, eine Bürde zu sein. Eine Selbsthilfegruppe für Angehörige kann dem entgegenwirken und neue Kraft geben.
Selbsthilfegruppen können Senioren eine wertvolle Plattform bieten, um Unterstützung, Verständnis und das Gefühl von Gemeinschaft zu erhalten. Im Alter verlieren Seniorinnen und Senioren häufig aus verschiedenen Gründen ihr gewohntes soziales Netzwerk, wie durch Krankheit, Verlust oder schlicht Einschränkungen ihres Alltags.
Gerade bei Erkrankungen bieten solche Selbsthilfegruppen aber nicht nur mentale Unterstützung, sondern oft wertvolle Ratschläge von gleichermaßen Betroffenen, die manchmal auch bereits schon länger Erfahrung im Alltag mit der Krankheit haben.
Jede Belastung, die Sie verarbeiten müssen, bedeutet Mühsal und Stress für Sie und Ihren Körper zusätzlich zur eigentlichen Situation. In einer Selbsthilfegruppe finden Sie Menschen, die Sie verstehen und Ihnen Mut zusprechen können. Hier entstehen oft auch Hilfskontakte, bei denen Sie sich gegenseitig im Alltag unterstützen können, da eine solche Gemeinsamkeit auch zusammenschweißt.
Darüber hinaus sehen Sie den persönlichen Umgang und die verschiedenen Ausprägungen an Belastung sowie positive Verläufe, die Ihnen selbst Hoffnung machen können.
Je seltener oder weniger erforscht eine Krankheit ist, desto weniger Informationen erhalten Sie auch an offiziellen Stellen über den Umgang mit der Diagnose, dem neuen Alltag und eventuell auch den Sorgen um Ihre Zukunft. Zwar wird in Selbsthilfegruppen vor allem anekdotisch über die eigene Diagnose und Therapie gesprochen, jedoch finden Sie hier auch viel Austausch über neue Medikamente, Studien oder Therapieansätze, die Sie wiederum ausprobieren können.
Viele Belastungen verstehen vor allem diejenigen, die sie selbst erleben. Wenn Ihr soziales Umfeld keine eigenen Erfahrungen mit Ihrer Situation hat, fällt es oft schwer, Ihre Gefühle zu verstehen und Ihren Bedürfnissen entgegenzukommen.
In Selbsthilfegruppen finden Sie Menschen, die Ihre Situation nachfühlen können und auch den eigenen Umgang damit schildern. Vielen Senioren fällt es dann auch leichter, sich zu öffnen und über tiefsitzende Schmerzen zu sprechen oder als peinlich oder belastend empfundene Situationen zu erklären.
Nicht jede Selbsthilfegruppe hat eine Gruppenleitung und auch diese ist nicht immer geschult. Doch einige Gruppen, die von Sozialverbänden oder weltanschaulichen Institutionen angeboten werden, stellen Ihnen eine hauptamtliche Fachkraft zur Seite. Diese leitet die Gruppenstunde und bringt selber relevanten Input ein. Meist sind dies Therapeuten oder Psychologen, aber auch Sozialarbeiter, Pastoren und Krankenpfleger.
Inzwischen gibt es viele Portale, die Kontaktadressen und Informationen zu Selbsthilfegruppen sammeln und somit die Suche sehr erleichtern. Auch auf Websites von Vereinen, Behörden, Krankenkassen, medizinischen Einrichtungen und Sozialverbänden finden sich diverse Anlaufstellen. Meist ist es hilfreich, direkt die Begriffe „Selbsthilfegruppe“, der eigene Wohnort und das Thema der Gruppe in einer Suchmaschine einzugeben.
Aber auch außerhalb des Internets finden sich zahlreiche Informationsquellen. In Arztpraxen liegen Flyer frei zugänglich oder werden Ihnen von Ihrem Hausarzt persönlich ausgehändigt und in vielen öffentlichen Gebäuden finden Sie Plakate oder Broschüren von lokalen Gruppen. Nicht selten weisen auch Ihre Fachärzte auf entsprechende Gruppen hin oder stellen auch direkt den Kontakt her.
Wenn Sie keine passende Gruppe in der Umgebung finden, sehr ländlich wohnen oder aus gesundheitlichen Gründen nicht an Besuchen teilnehmen können, steht Ihnen die Möglichkeit von Online-Selbsthilfegruppen offen. Dies ist auch dann eine gute Alternative, wenn Sie in Ihrer Sprachfähigkeit eingeschränkt sind, denn hier bieten sich Chatgruppen an, in denen der Austausch rein über Text stattfindet.
In solchen Online-Selbsthilfegruppen für Senioren wird die fehlende physische Nähe teils durch Videokonferenzen wettgemacht. Rein digitale Gruppen ermöglichen Ihnen aber auch, statt zu einem festen wöchentlichen Termin in einem Forum nach Ihrer zeitlichen Verfügbarkeit miteinander zu sprechen. Zusätzlich haben Sie so eine große Gruppe und damit einen großen Erfahrungsschatz zur Auswahl, von dem Sie sehr profitieren können.
Wenn Sie sich nur ungern Fremden öffnen oder in Ihrer Gegend keine passende Gruppe zu finden ist, spricht auch nichts dagegen, mit Ihren Freundinnen und Freunden eine eigene Selbsthilfegruppe zu eröffnen. Der Vorteil liegt klar darin, dass Sie bereits ein Vertrauensverhältnis zueinander aufgebaut haben und über die Vorgeschichte informiert sind. Auch können Sie die Gruppensitzungen in Ihrem eigenen Wohnzimmer abhalten, statt sich aufwendig einen öffentlich verfügbaren Raum zu suchen, der erreichbar und erschwinglich ist.