Pflegegrad 4 erkennt eine sehr starke Beeinträchtigung der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen. Wer in seiner Selbstständigkeit und der Bewältigung des Alltags sehr stark beeinträchtig ist, wird seit der Pflegereform vom 01.01.2017 der Pflegegrad 4 zuerkannt.
Personen, die ihre Selbstständigkeit im Alltag fast gar nicht mehr aufrechterhalten können, werden mit Pflegegrad 4 eingestuft. Die neuen Bewertungskriterien gehen dabei nicht mehr nur vom notwendigen zeitlichen Aufwand der Betreuung aus, sondern es wird die individuelle Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen selbst in den Fokus gerückt.
Beim Pflegegrad 4 geht es im Wesentlichen um eine absolute Schwerstpflegebedürftigkeit. Im Unterschied zu den anderen Pflegegraden ist hier tatsächlich immer eine Hilfe notwendig. Das bedeutet konkret, dass der Pflegebedürftige rund um die Uhr auf fremde Unterstützung angewiesen ist. In der Praxis verhält es sich meist so, dass Betroffene dieses Pflegegrades meist bettlägerig sind und eine intensive Betreuung für 24 Stunden am Tag benötigen.
Wenn Ihrem pflegebedürftigen Angehörigen schon vor dem 01.01.2017 die Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz oder sogar die Pflegestufe 3 zugewiesen wurde, so wird er mit der Reform automatisch in den Pflegegrad 4 überführt. Eine extra Antragstellung ist grundsätzlich nicht notwendig.
Haben sich jedoch massive Verschlechterungen des psychischen oder physischen Zustandes ergeben, müssen Sie den entsprechenden Antrag bei der Pflegekasse stellen. Diese beauftragt ein entsprechendes Gutachten beim Medizinischen Dienst der Krankenversicherung, auch kurz als MD bezeichnet. So wird die eventuell noch vorhandene Selbstständigkeit Ihres pflegebedürftigen Angehörigen überprüft. Damit der Pflegegrad exakt festgestellt werden kann, gibt es sechs unterschiedliche Bereiche, denen punktemäßig eine Bewertung zugeordnet wird. Die Voraussetzung zum Erhalt des Pflegegrades 4 ist ein Wert zwischen 70 Punkten und 90 Punkten.
Wenn Sie einen Antrag auf Zuerkennung des Pflegegrades 4 bei der Pflegekasse gestellt haben, prüft der Gutachter die vorliegenden Voraussetzungen. Zu den oben erwähnten sechs Bereichen zählen:
Hier geht es darum, ob der Betreffende noch Personen aus dem näheren Umfeld erkennen kann und ob er eine örtliche Orientierung hat. Ebenso wird die zeitliche Orientierung überprüft. Alltagshandlungen können dabei schon in mehreren Schritten bewältigt werden, wobei Entscheidungen noch eigenständig vom pflegebedürftigen selbst zu treffen sind. Wichtig ist auch das Kriterium, ob etwaige Gefahren und Risiken erkannt werden können und ob der Betreffende elementare Bedürfnisse deutlich artikulieren kann.
Bei diesem Kriterium geht es darum, ob Ihr Angehöriger sich selbstständig im Bett umdrehen kann bzw. ob er aus einer sitzenden Position selbstständig aufstehen kann. Auch die eigenständige Fortbewegung im eigenen Zuhause sowie das Treppensteigen werden begutachtet.
Hier geht es darum, ob motorische Verhaltensauffälligkeiten festgestellt werden und ob der Betreffende sich selbst und anderen gegenüber aggressiv ist oder wird. Vielleicht liegen ja auch Wahnvorstellungen oder Ängste bzw. depressive Verstimmungen vor.
Ein wichtiges Element in der Beurteilung des Pflegegrades 4 ist die Fähigkeit zur selbstständigen Körperpflege und zur eigenständigen Ernährung. Geklärt werden muss hier auch, ob der Toilettengang noch ohne Hilfe möglich ist bzw. ob ein Toilettenstuhl benutzt werden kann.
Hier gilt es zu klären, ob eine regelmäßige Medikamenteneinnahme seitens des Pflegebedürftigen erfolgt oder ob hier Unterstützung gefragt ist.
Damit Sie selbst eine Einschätzung vornehmen können, gibt es die Möglichkeit, mittels eines Fragenkatalogs diese vorzunehmen. Beantworten Sie folgende Fragen ehrlich und aus der Sicht des Pflegebedürftigen, um auch eine richtige Sichtweise ohne Beschönigen oder Verschlimmerung vornehmen zu können.
Bei der Einstufung für den Pflegegrad 4 geht es unter anderem darum, ob sich Ihr Angehöriger noch
Vermutlich werden Sie die meisten der oben angeführten Fragen mit Nein beantworten müssen, sollte Ihr pflegebedürftiger Angehöriger für Pflegegrad 4 in Frage kommen. Denn die Grundpflege muss bei vielen Personen mit dieser Pflegeeinstufung ohne eingeschränkte Alltagskompetenz meist fast vollständig von fremder Hilfe übernommen werden. Eventuell bestehen Restfähigkeiten beim Essen und Trinken. Sie müssen aber mit einem Zeitaufwand von 184 und 300 Minuten ausgehen, wobei der erstgenannte Wert in vielen Fällen die Ausnahme darstellt.
Wie auch bei den anderen Pflegegraden werden Sie rasch erkennen, dass die oben aufgelisteten Fragen wiederkehrende Verrichtungen im Alltag betreffen. Ähnlich wie bei Pflegegrad 3 sollten Sie wieder den erforderlichen Zeitaufwand für die Tätigkeiten der Grundpflege richtig einschätzen.
Bedenken Sie auch die hauswirtschaftliche Versorgung des Pflegebedürftigen, die ja auch nicht mehr selbstständig von ihm selbst erledigt werden kann. Diese ist in den Zeitrahmen der notwendigen Versorgung miteinzubeziehen.
Wenn Sie sich für die häusliche Pflege Ihres Angehörigen entscheiden, haben Sie Anspruch auf Pflegegeld. Dieses beläuft sich auf 728,00 Euro monatlich. Sollten Sie sich von einer fremden Person Pflegeunterstützung für Ihren Angehörigen organisieren, liegt es an Ihnen, wie viel der zugesprochenen Geldleistung Sie an diese Person zahlen.
Sie können statt des Pflegegeldes auch Sachleistungen beziehen. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn Sie die häusliche Pflege durch einen professionellen Pflegedienst erledigen lassen. Dann wird Ihnen pro Monat eine Summe von 1693,00 Euro ausbezahlt.
Beachten Sie, dass Sie die Geldleistungen im Pflegegrad 4 auch mit den Sachleistungen bei der Pflege durch einen Pflegedienst miteinander kombinieren können. Wenn Sie zum Beispiel Ihren pflegebedürftigen Angehörigen teilweise selbst pflegen und die Sachleistungen durch einen professionellen Pflegedienst nicht vollständig in Anspruch nehmen, können Sie bis zu 40 Prozent der Sachleistungen für die Betreuung beziehen.
Es besteht die Möglichkeit des Bezuges von 125,00 Euro, der als sogenannter Entlastungsbetrag gewährt wird. Das bedeutet, dass dieser Betrag gewährt wird, wenn Sie zum Beispiel zur geistigen und körperlichen Aktivierung an einer Betreuungsgruppe für leicht Hilfsbedürftige teilnehmen oder aber einen Alltagsbegleiter für Einkäufe, Spaziergänge oder Einkäufe beanspruchen. Auch die Bezahlung einer Haushaltshilfe wird mit diesem Betrag übernommen.
Wenn Ihr pflegebedürftiger Angehöriger nach einem Krankenhausaufenthalt eine Kurzzeitpflege in einem stationären Pflegeheim nutzen möchte, kann er dabei für den Zeitraum von bis zu 28 Tagen mit einer finanziellen Unterstützung von 1774,00 Euro maximal rechnen. Der Anspruch auf eine Kurzzeitpflege wird dann auf bis zu 56 Tage jährlich verlängert und mit maximal 3386,00 Euro unterstützt, wenn Sie im dazu laufenden Jahr keine Verhinderungspflege in Anspruch nehmen.
Brauchen Sie eine Auszeit oder werden Sie unvermutet krank, können Sie pro Jahr bis zu vier Wochen Verhinderungspflege beantragen. Hierfür erhalten Sie eine Unterstützung von maximal 1612,00 Euro. Wenn Sie in diesem Jahr keine Kurzzeitpflege für Ihren pflegebedürftigen Angehörigen benötigen, können Sie die Verhinderungspflege bis zu einem Zeitraum von sechs Wochen jährlich nutzen und erhalten dafür bis zu 2418,00 Euro.
Ist eine dauerhafte und ununterbrochene Betreuung Ihres pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause nicht möglich, können Sie auch für die stationäre Pflege in einem Pflegeheim mit Unterstützung rechnen. Dafür erhalten Sie pro Monat 1775,00 Euro, die als Beitrag für die Pflegeheimkosten ausbezahlt werden.
Wie auch bei den anderen Pflegegraden können Sie bei Gewährung von Pflegegrad 4 für Ihren pflegebedürftigen Angehörigen einen einmaligen Zuschuss in Höhe von bis zu 4000,00 Euro für die Adaptierung des Wohnraumes nutzen. Damit können Sie zum Beispiel entweder barrierefreie sanitäre Anlagen oder einen Treppenlift einbauen lassen.
Weitere Leistungen sind eine monatliche Pflegepauschale in Höhe von 40 Euro, die zur Anschaffung von Verbrauchsartikeln und Hilfsmitteln gedacht ist sowie eine mögliche Bezuschussung zum Hausnotrufgerät von bis zu 30,35 Euro. Weitere Hilfsmittel können Sie ebenfalls beanspruchen, wobei diese – zum Beispiel ein Rollator oder Rollstuhl – meist leihweise zur Verfügung stehen.
Antrag für Pflegegrad 4 richtig stellen
Sofern Ihr pflegebedürftiger Angehöriger nicht automatisch nach der Reform in den Pflegegrad 2 umgestellt wurde, müssen Sie bei der zuständigen Pflegekasse einen Antrag stellen. Damit liegt es auf der Hand, dass die Anschrift der Pflegekasse meist mit der Ihrer Krankenversicherung ident ist. Es reicht im übrigen ein formloser Antrag, wobei zu beachten ist, dass der Antragsteller Ihr pflegebedürftiger Angehöriger ist. Er muss das formlose Dokument auch unterschreiben.
In der Folge wird der MD bzw. der Medizinische Dienst mit der Begutachtung beauftragt. Dieser wertet auch die mit dem Antrag eingereichten Unterlagen aus und nimmt eine persönliche Begutachtung vor. Beachten Sie, dass der Pflegebedürftige dabei auch unbedingt persönlich anwesend ist. Das in der Folge erstellte Gutachten wird an die Pflegekasse übermittelt. In der Folge erhalten Sie dann eine Mitteilung, ob die Pflegebedürftigkeit anerkannt und in welchem Ausmaß zuerkannt wird. Entspricht dies nicht Ihren Erwartungen oder Einschätzungen können Sie innerhalb von vier Wochen gegen diesen Bescheid Widerspruch einlegen.