Immer wieder hört man, dass ein Tinnitus ein Anzeichen für einen Schlaganfall sein kann, gerade bei älteren Männern. Erscheint dies auf den ersten Blick nachvollziehbar, ist es dennoch ein ausgesprochen seltener Zusammenhang. Wesentlich häufiger ist Tinnitus Folge von Stress oder Lärmbelästigung. Umso wichtiger ist es, die häufigen Anzeichen für einen Schlaganfall zu erkennen und auch einen Tinnitus richtig zu behandeln. Daher erklären wir Ihnen in diesem Artikel, wann Sie dringend Ihren Hausarzt aufsuchen sollten und wann Ihr Tinnitus gefährlich sein könnte.
Tinnitus umfasst eine spezielle Art von Ohrgeräuschen, die verschiedene Formen wie Pfeifen, Zischen, Klingeln, Summen oder auch Rauschen im Ohr umfassen können. Sie unterscheiden sich dabei individuell von Person zu Person in Lautstärke, Intensität, Tonhöhe und Geräuschart.
Etwa 10 bis 15 % aller Menschen sind mindestens einmal im Leben davon betroffen, wobei die Dauer von wenigen Stunden bis zu mehreren Jahren betragen kann. Ab 6 Monaten anhaltendem Leiden spricht man von einem chronischen Tinnitus. Diesen betrifft die Mehrheit der Erkrankten, wobei nur 2 % der Betroffenen dies als stark belastende Einschränkung ihrer Lebensqualität empfinden.
Man unterscheidet zwischen subjektivem und objektivem Tinnitus. Der objektive Tinnitus ist von einem Arzt mess- und teilweise auch hörbar. Er hat andere Ursachen als der subjektive Tinnitus, der ausschließlich von den Betroffenen wahrgenommen wird, kommt allerdings auch deutlich seltener vor. Dabei muss der subjektive Tinnitus keine Einbildung oder Fehlwahrnehmung sein, sondern kann durchaus körperliche Ursachen haben, die lediglich nicht von außen sichtbar sind.
Beide Formen entstehen nicht als Umgebungsgeräusch, sondern im Körper des Betroffenen. Während beim objektiven Tinnitus aber in der Regel auch eine Erkrankung klar kausal zugeordnet werden kann, besitzt der subjektive Tinnitus keine äußere Schallquelle und ist dadurch deutlich schwerer einer Ursache zuzuordnen.
Es gibt viele Erkrankungen, die einen Tinnitus auslösen können. Am häufigsten entsteht er durch Lärmschädigung, Muskelverspannung im Kiefer- oder Halswirbelbereich und Stress.
Als Lärmschädigung gilt dabei sowohl anhaltender Lärm z.B. auf einem Konzert oder nach häufigen Konzertbesuchen, wie auch ein Knalltrauma, bei dem ein plötzliches, sehr lautes Geräusch die Haarsinneszellen im Innenohr beschädigt. Sie bildet mit knapp einem Drittel der Betroffenen die mit Abstand größte Ursache.
Chronische Muskelverspannungen oder Funktionsstörungen treten üblicherweise nicht im Alltag in der Schwere auf, dass sie einen Tinnitus auslösen. Daher bedürfen sie immer einer kieferorthopädischen Untersuchung, um eine geeignete Behandlung einzuleiten.
Stress gilt als Auslöser für Tinnitus und gleichzeitig als Folge desselben. Allerdings ist der Zusammenhang noch nicht genau belegt worden, weswegen unklar bleibt, wieso nur manche Menschen unter Dauerstress einen Tinnitus entwickeln.
Selten verursachen darüber hinaus Medikamente einen Tinnitus. Insbesondere Schmerzmittel, Rheumamedikamente und Diuretika führen Tinnitus als Nebenwirkung auf, der allerdings beim Absetzen wieder folgenlos verschwindet. Bei Mitteln zur Krebsbehandlung hingegen kann es zu einer dauerhaften Schädigung des Innenohrs kommen, also einen anhaltenden Tinnitus auslösen.
Tinnitus ist nicht nur ein körperliches Phänomen, sondern kann stark auf die mentale Gesundheit wirken. Chronischer Tinnitus führt oft zu Stress, Schlaflosigkeit oder Konzentrationsproblemen und kann Depressionen oder Angststörungen begünstigen. Da Stress die Symptome verschlimmern kann, entsteht häufig ein belastender Teufelskreis.
Obwohl Tinnitus und Schlaganfall selten direkt verbunden sind, teilen sie mögliche gemeinsame Ursachen wie Gefäßerkrankungen, die durch Stress verstärkt werden können. Deshalb sollte bei Tinnitus nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit berücksichtigt werden, um den Teufelskreis frühzeitig zu durchbrechen.
Die Behandlung eines Tinnitus richtet sich sowohl nach der Ursache als auch nach der subjektiv empfundenen Belastung und den individuellen weiteren Symptomen. Die Therapie richtet sich dabei weniger auf Heilung als auf Linderung der Symptome aus, da zwar die Ursache eines Tinnitus gegebenenfalls geheilt werden kann, für das Ohrgeräusch selbst aber keine heilende Behandlung existiert.
Die Spannbreite der möglichen Therapien reicht dabei von Entspannungs- und Massagetechniken über kontrollierte Gegengeräusche wie White Noise bis hin zu speziellen Hörgeräten. So individuell wie der Tinnitus selbst ist auch, was als hilfreich dagegen empfunden wird. Allerdings wird im Allgemeinen geraten, Stimulanzien wie Koffein zu meiden und einen gesunden, aktiven Lebensstil zu fördern.
Tinnitus verursacht keinen Schlaganfall und ein Schlaganfall üblicherweise keinen Tinnitus. Einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden Erkrankungen kann man also nicht herstellen. Nichtsdestotrotz können beide durch dieselbe Ursache entstehen, wobei eine Erkrankung an beidem sehr ungewöhnlich ist.
Eine häufigere Ursache von Tinnitus ist eine Durchblutungsstörung im Ohrbereich. Viele Betroffene beschreiben das Geräusch dann als ein Rauschen, ähnlich dem Meeresrauschen, oder eine Art Brummen. Selbst bei Schwerhörigkeit bleibt dieses Geräusch dann noch gut hörbar.
Ein Schlaganfall kann sich ebenfalls durch eine Durchblutungsstörung bilden, wenn ein Gerinnsel, das die Gefäße blockiert, sich losreißt und in die Hirngefäße gerät. Allerdings sind die Gefäße in der Nähe der Ohren sehr fein und damit tendenziell keine Gefahr in dieser Hinsicht.
Ein Tinnitus kann sich gemächlich entwickeln, aber auch mit einem Schlag auftreten. In der Regel ist dies aber auf ein Knalltrauma zurückzuführen, also ein singuläres Ereignis. Ein plötzlich auftretender Tinnitus ist kein typisches Anzeichen für einen Schlaganfall, sollte aber trotzdem bei einem Facharzt abgeklärt werden.
Ein Schlaganfall geschieht im Gehirn und hat daher je nach Ereignisort unterschiedliche Ausprägungen und Symptome. Daher sind alle Arten von motorischen Ausfällen, gestörten Sinneswahrnehmungen und Funktionsstörungen, die nicht einer anderen Ursache klar zugeordnet werden können, ein Warnzeichen für einen Schlaganfall.
Besonders typisch sind Störungen des Sehvermögens wie Doppelbilder oder verschwommene Sicht, motorische Probleme wie Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühl an den Extremitäten, Schwindel und Gangprobleme, und eine verwaschene Sprache oder Wortfindungsstörungen.
Leichte Schlaganfälle bilden ihre Symptome innerhalb von 24 Stunden zurück. Dennoch verbleibt die Gefahr für die Gesundheit, daher sollten Sie immer bei einem Verdacht auf einen Schlaganfall ein Krankenhaus aufsuchen.
Wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihr Gegenüber einen Schlaganfall hat, können Sie zur ersten Diagnose das FAST-Schema heranziehen. Dieses beschreibt die 4 Warnanzeichen für einen Schlaganfall:
Buchstabe | Steht für | Diagnosefragen |
F | Face / Frontal | Sind Lähmungserscheinungen im Gesicht zu erkennen (herabhängende Mundwinkel, Augenlider)? |
A | Arm / Arme | Können mit geschlossenen Augen beide Arme auf derselben Höhe gehalten werden? |
S | Speech / Sprache | Ist die Sprache verwaschen oder liegen Wortfindungsstörungen vor? |
T | Time / Tempo | Wie lange sind die Symptome schon vorhanden? Zeit ist kostbar: Innerhalb der ersten 4 Stunden kann ein Schlaganfall meist komplikations- und folgenlos behandelt werden. |
Tinnitus selbst ist nicht gesundheitsgefährdend. Allerdings können die Folgen die Lebensqualität massiv einschränken und auch schwerwiegende Probleme aufrufen. Je stärker die Belastung durch den Tinnitus im Alltag ist, desto eher treten Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme und anhaltender Stress auf.
Besonders problematisch kann dabei der subjektive Tinnitus sein, wenn keine Ursache erkennbar ist und damit auch die Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt sind oder die Ursache zwar erfolgreich behandelt wurde, der Tinnitus selbst aber als Symptom verbleibt. Ähnlich dem Phantomschmerz drohen neben dem eigentlichen Symptom auch Depressionen und Stresssymptome, da die schiere Unmöglichkeit der Behandlung viele Betroffene mutlos zurücklässt.
Dennoch sollte ein Tinnitus auch nicht unbehandelt oder unbeachtet bleiben, da er auch Symptome für eine schwerwiegendere Krankheit sein kann.
Ein weit verbreiteter Irrtum lautet, dass ein anhaltender Tinnitus in einem Hörsturz münden kann. Das ist jedoch unbegründet. Zwar kann eine körperliche Erkrankung, die einen Tinnitus verursacht, auch einen Hörsturz nach sich ziehen, dies ist aber ausgesprochen selten der Fall und in der Regel nur Folge einer vernachlässigten Behandlung.
Ein Tinnitus ist eine unangenehme Erfahrung, jedoch häufig nicht von Dauer und auch nicht zwangsläufig eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Alltags. Viele Therapien können ihn lindern und oft genug entwickelt er sich zurück. Ein Zusammenhang zwischen einem auftretenden Tinnitus und einem Schlaganfall lässt sich nicht herstellen, daher ist umso wichtiger, dass Sie die Anzeichen für beides kennen, um sich rechtzeitig und erfolgreich behandeln zu lassen.